Die Arbeiterzeitung steht an der vordersten Front des Klassenkampfes

Ihsan Caralan

Der Chefredakteur der türkischen oppositionellen Tageszeitung Evrensel, Hakkı Özdal, rief die Leserinnen und Leser der Zeitung zur „Solidatität mit Evrensel“ auf.

Außenstehende mögen vielleicht denken: „Evrensel ruft schon wieder zur Solidarität auf“. Aber Evrensel wurde 29 Jahre lang auf jede erdenkliche Weise zu blockieren versucht. Von der Beschlagnahmung unzähliger Ausgaben bis zu Druck- und Verkaufsverboten. Von der Verhinderung des Zugangs ihrer Reporter zu Nachrichten, von der Verschleppung ihrer Autoren, Geschäftsführer und Reporter vor Gerichte, von dem Versuch, sie mit Geld- und Haftstrafen zum Schweigen zu bringen, von der dreimaligen Schließung und schließlich von der finanziellen Belagerung durch die Verwaltungsbehörde für amtliche Veröffentlichungen (BÄ°K), indem sie ihr „Recht auf Anzeigen“ annulierte ohne rechtliche Grundlage.

Aus diesem Grund kämpft Evrensel seit ihrer Gründung gegen administrative, politische und juristische Behinderungen im wahrsten Sinne des Wortes und stützt sich dabei nur auf ihre Leser, die zugleich ihre Reporter, Autoren, Abonnenten und Verteiler sind, gegen die Versuche, sie finanziell zu ruinieren.

Evrensel wird nicht von den Milliarden der Konzerne oder den Mitteln des Staates gestützt und gehört nicht zu den pro-Regierungsmedien, die ohne zu hinterfragen abdrucken, was die Regierung erklärt. Im Gegenteil, Evrensel bekämpft diese Ordnung der Ausbeutung und Unterdrückung, die von den anderen Medien mit allen staatlichen Mittel verteidigt werden.

Warum der Aufruf zur Solidarität?

Unter diesem Gesichtspunkt sind die Leser von Evrensel in der Tat ständig in der Lage, die Zeitung zu verbreiten, die von ihr dargestellten Tatsachen unter den Werktätigen zu diskutieren, jeden Tag neue Leser zu gewinnen und die Reaktionen der Arbeiter und Werktätigen durch ihre Berichterstattung zu verbreiten.

Özdal sagte in seinem Solidaritätsaufruf: „…Heute treten wir mit einer neuen Kampagne vor unsere Leser. Wir rufen zur Solidarität auf, um die Schwierigkeiten, die sich uns stellen, mit viel Kraft zu überwinden. Wir verstärken uns mit einem neuen Publikationsplan und neuen Autoren. Wir bitten alle Teile der Gesellschaft, denen wir Gehör verschaffen wollen, sich zu solidarisieren und diesen Kampf anzunehmen… Wie immer sind wir auf die Unterstützung unserer Leser, Autoren und aller Werktätigen angewiesen, um unseren Stimmen in mehr Medien Gehör zu verschaffen.“

Aus den Worten unseres Chefredakteurs geht hervor, dass das Zentrum unserer Zeitung nicht nur die Belegschaft mit neuen Autoren bereichert, sondern auch Initiativen ergreift, um die Leserschaft der Zeitung mit besser recherchierten Nachrichten, Interviews, Dossiers usw. zu vergrößern.

Die Zahl der Abonnenten der gedruckten Zeitung und des „e-newspapers“ zu erhöhen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um diese Verantwortung in der Praxis ununterbrochen wahrzunehmen, die Zahl der Nachrichten, Interviews und Briefe, die aus den Betrieben, den Arbeitervierteln, aus allen Bereichen der gesellschaftlichen Kämpfe an die Zeitung geschickt werden, so weit wie möglich zu erhöhen. Neue dauerhafte Schritte in der Bewertung der Zeitung als eine Plattform zu unternehmen, auf der Arbeiter, Werktätigen, Jugendlichen, Frauen, die Umweltbewegung… die Probleme und Lösungen des Kampfes diskutieren.

Als Arbeiterzeitung an der vordersten Front des Kampfes zwischen Wahrheit und Lüge ist Evrensel ein scharfes Schwert, das den von den kapitalistischen Medien gewebten Lügenvorhang zerreißen wird.

Solange wir dieses Schwert geschickt einsetzen, indem wir es mit unseren eigenen Erfahrungen anreichern, wird Evrensel nicht besiegt werden, egal was die Ordnungsmächte tun!

Der Kampf zwischen Lüge und Wahrheit

Das Kommunistische Manifest beginnt mit dem Satz „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“ Für uns bedeutet das, die „Geschichte ist die Geschichte des Kampfes zwischen Lüge und Wahrheit“.
Denn seit der Entstehung der Klassen hat sich eine handvoll Sklavenhalter in der Sklavengesellschaft der Tradition, der Sitte, der Religion, der Philosophie sowie der Fakten der Wissenschaft bedient, um ihre Herrschaft über Millionen von Arbeitern (Sklaven), eine handvoll Adlige in der Feudalgesellschaft über Millionen von Leibeigenen (Landsklaven) und eine handvoll Kapitalisten in der kapitalistischen Gesellschaft über Millionen von Arbeitern (Lohnsklaven) zu legitimieren. Das heißt, sie haben einen Schleier der Lüge über die Köpfe der Menschen gezogen, so dass sie nicht sehen können, dass das System in Wirklichkeit ganz zu Gunsten der Herrschenden funktioniert.
Seit ihrem Auftauchen auf der Bühne der Geschichte hat die Arbeiterklasse die Zeitung benutzt, um den Lügenvorhang zu zerreißen, der über dem Kapitalismus, dem fortschrittlichsten aller Ausbeutungs- und Unterdrückungssysteme, gespannt ist.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1995 kämpft Evrensel als Erbe des außerordentlichen Reichtums an Veröffentlichungen der Arbeiterklasse in der Welt und in unserem Land als scharfes Schwert der Arbeiterklasse gegen die bürgerlichen Medien unzähliger Couleur, um den Lügenvorhang zu zerreißen, der vor den Augen des Volkes gespannt ist. Und hierbei braucht sie Solidarität und unsere Unterstützung.

Auch aus Deutschland kann Evrensel bei ihrer wichtigten Arbeit unterstützt werden. Auf der Seite von Evrensel können Sie ein Online-Abo abschließen.

https://abone.evrensel.net/yurtdisi

Kauf von mehr als einer Zeitung ist eine Straftat

Die linke Tageszeitung Evrensel hat gegen die Presseanzeigenagentur (BİK) geklagt, die ihr das Recht entzog, offizielle Anzeigen zu veröffentlichen. Das 2. Verwaltungsgericht Istanbul wies die Klage heute (26.01.2024) ab. In seiner Entscheidung akzeptierte das Gericht das Argument der BIK, der Kauf von mehr als einer Ausgabe der Zeitung durch eine Person sei eine Straftat und wies die Klage mit der Begründung ab, dass 359 Exemplare zudem an verschiedene politische Parteien und Organisationen verkauft wurden.

WAS IST GESCHIEHEN?

Im September 2019 entzog die Presseagentur (BIK) der Evrensel das Recht zur Veröffentlichung von Werbeanzeigen, wogen die Zeitung Widerspruch einlegte. Weil die BIK das ablehnte, ging der Fall im August 2022 vor Gericht. In der Begründung hieß es, dass die Verkaufsbücher der Zeitung nicht korrekt geführt würden, da Leser mehr als eine Zeitungsausgabe kauften. Nach dem ersten Gerichtsbeschluss im Sinne der BIK, reichte die Zeitung zwei Einsprüche bei der Agentur für Pressewerbung ein, um die Aufhebung des Beschlusses zu erreichen. Die Generaldirektion der BİK wies die Einsprüche jedoch mit der Begründung zurück, dass keine neuen positiven Informationen und Dokumente vorgelegt wurden, die den Verstoß der Zeitung beseitigen würden. Devrim Avcı, Anwalt der Evrensel, zog daraufhin gegen die Entscheidung erneut vor Gericht.

GERICHT GIBT BİK RECHT

Die erste Anhörung fand am 28. November 2023 vor dem 2. Verwaltungsgericht in Istanbul statt. Am Ende beschloss das Gericht, die Klage abzuweisen und erklärte die Löschung von staatlichen Anzeigen durch die BİK für gerechtfertigt. Begründet wurde die Entscheidung mit den Feststellungen, dass rund 359 Exemplare der Zeitung an verschiedene politische Parteien und Organisationen geliefert wurden, die zuletzt nicht als Händler eingestuft wurden. Die Branchenbücher, die in elektronischer Form geführt werden müssen, nicht täglich bearbeitet würden, was einen Verstoß darstellt. Im Händler- und Abonnentenbuch seien demnach nur 50 Abonnentenverkäufe aufgeführt, die für jeden Erscheinungstag der Zeitung ausgestellt werden. Im vorliegenden Fall werde deshalb davon ausgegangen, dass die klagende Zeitung, die in der Gesetzgebung geforderte Mindestzahl an Verkäufen nicht erfülle. Der Entzug des Rechts auf Anzeigen der Tageszeitung Evrensel, stelle demnach kein Widerspruch zum Gesetz dar.

„ES GIBT EIN POLITISCHES EMBARGO“

Devrim Avcı, erklärte, in dem aktuellen Urteil sei keine Rechtfertigung für ein Werbeverbot zu erkennen. Er verwies auf das Recht Berufung einzulegen. Auf Grundlage des Verfahrens und der aktuellen Entscheidung wird die Zeitung allerdings ständig durch die BIK überwacht.

Chefredakteur der Evrensel, Hakkı Özdal, sagte, die Entscheidung bedeute einen finanziellen Verlust für die Zeitung Evrensel und eine weitere Erschwernis für das Verlagswesen, die in Konkurrenz zu großen Medienmonopole arbeiten. Özdal betonte, dass die Entscheidung sie aber nicht in ihrer Arbeit aufhalten werde. „Es wird davon ausgegangen, dass eine Person nicht mehr als eine Zeitung kaufen kann, aber da wird unsere Reichweite unterschätzt. Einige unserer Leser und organisieren sich freiwillig dafür, dass unsere Zeitung überall verkauft wird“.

Özdal betonte, dass es sich bei dem Urteil um eine politische Entscheidung handelt: „Wir haben die Anhörungen verfolgt und mit eigenen Augen gesehen, wie nahe sich Angeklagter und Entscheidungsträger stehen. Dieses Urteil hat nicht nur über die Evrensel, sondern auch über das letzte verbliebene Gesetz entschieden, das ein ‚Recht‘ genannt werden kann.“

Große Solidarität für die Pressefreiheit in Istanbul

Tausende Leser nahmen an dem Solidaritätsfest teil, das gegen den Druck der Regierung auf die Tageszeitung Evrensel organisiert wurde, die seit 27 Jahren in der Türkei unter dem Motto „Die Stimme der Arbeiter, der Bote der Wahrheit“ erscheint. Viele Menschenrechtsorganisationen, Akademiker, Journalisten und Intellektuelle unterstützten die Veranstaltung mit Reden und Grußbotschaften, und es wurde ein deutliches Zeichen zur Verteidigung der Pressefreiheit gegen die Versuche der ErdoÄŸan-Regierung gesetzt, die oppositionelle Presse zum Schweigen zu bringen. Viele Künstler zeigten mit ihren Auftritten und Ausstellungen ihre Unterstützung für die Zeitung Evrensel und die Pressefreiheit.

In der Türkei, wo nur wenige Oppositionszeitungen erscheinen, wurde Evrensel, eine von ihnen, in den letzten Monaten von der Regierung mit einem Werbeverbot belegt. So soll die Zeitung für ihre oppositionelle Redaktionspolitik wirtschaftlich bestraft werden.

Arbeiter, Werktätige, Jugendliche und Frauen, die zum Festivalgelände kamen, riefen „Evrensel kann nicht zum Schweigen gebracht werden, die Zensoren werden gehen und wir werden bleiben“.

In der Halle hingen Transparente mit den Aufschriften „Evrensel ist stark mit euch“, „Wir sind stark mit Evrensel“, „Nein zur Zensur“, „Evrensel lässt sich nicht zum Schweigen bringen“, „Die Einheit der Arbeiter wird das Kapital besiegen“, „Wir werden gemeinsam ein unabhängiges, demokratisches Land und ein menschenwürdiges Leben gewinnen, die Völker werden siegen“ und „Frieden“ in verschiedenen Sprachen. Die Leser riefen beim Betreten des Veranstaltungssaals häufig Slogans, wie „Die freie Presse kann nicht zum Schweigen gebracht werden“ und „Die Arbeiterklasse ist stark mit ihrer Presse“.

„Sie bekommt ihre Kraft von der Bevölkerung, ihr werdet sie nicht zum Schweigen bringen“

Das Festival begann mit einer Filmvorführung über die Rolle von Evrensel in den Kämpfen der Arbeiter, Frauen und Jugendlichen. Seyit Aslan, Vorstandsmitglied des Gewerkschaftsdachverbands DÄ°SK und Vorsitzender der Gewerkschaft Gıda-Ä°ÅŸ, ergriff das Wort im Namen des Festkomitees. Aslan wies auf die Bemühungen der Regierung hin, Evrensel über das Amt für Presseanzeigen (BÄ°K) zum Schweigen zu bringen und sagte: „Eure Tyrannei und euer Druck werden für Evrensel nicht ausreichen. Wir werden diese Schwierigkeiten gemeinsam überwinden, denn Evrensel ist die Zeitung der Arbeiterklasse, die Zeitung der Befürworter der Demokratie, die Zeitung der Frauen und der Jugend. Es ist die Zeitung von Menschen, die Ungerechtigkeit und Unrecht erfahren haben, die versuchen, ihre Umwelt und Natur zu schützen, die gegen die Umgestaltung der Städte kämpfen und denen es egal ist, wo sie wählen. Sie werden diese Zeitung niemals aufhalten können. Solange Evrensel seine Kraft aus der Arbeiterklasse, der Bevölkerung und den Werktätigen bezieht, kann und wird Evrensel nicht zum Schweigen gebracht werden.“

„Der Zensurdruck ist größer als in der Vergangenheit“

Fatih Polat, Chefredakteur von Evrensel, betonte, dass die Türkei eine der problematischsten Phasen in Bezug auf die Pressefreiheit durchläuft und sagte: „Der Druck, der auf Zeitungen und Fernsehsender durch BIK und RTÃœK (Oberster Rundfunk- und Fernsehrat) liegt, wird durch das neue Desinformationsgesetz noch verstärkt, das Websites stärker als je zuvor unter Zensurdruck setzt. Journalisten, die die Nachrichten auf der Straße verfolgen, sind häufig mit Polizeigewalt konfrontiert. Kürzlich sind zu unseren inhaftierten Kollegen 25 weitere Journalisten hinzugekommen“. „Trotz allen Drucks gibt es eine journalistische Tradition, zu der auch unsere Zeitung gehört, die das Recht der Öffentlichkeit auf Nachrichten nicht gefährdet“, sagte Polat und richtete Grüße an die inhaftierten Journalisten und diejenigen, die diese Tradition fortführen.

„Wir wollen von einer freien Türkei berichten“

Polat betonte, dass „Evrensel nicht zum Schweigen gebracht werden kann“ angesichts aller Hindernisse, die gegen die Zeitung seit ihrem ersten Erscheinungstag aufgetreten sind, und sagte: „Die Regierungen, die dies zuvor versucht haben, sind Geschichte, ohne dass sie Erfolg hatten. Die AKP wird auch lernen. Wir fordern BIK, die uns aus politischen Gründen das Recht auf offizielle Anzeigen entzogen hat, erneut auf, diesen rechtswidrigen Akt aufzugeben. Die Solidarität unserer Leser gibt uns Kraft. Der Anstieg der Zahl unserer Abonnenten nach der Streichung unseres Werberechts ist eine wichtige Antwort auf diejenigen, die Evrensel mit einer finanziellen Belagerung ersticken wollen. Wir brauchen die Kontinuität dieser Solidarität. Wir wollen von einer freien Türkei berichten, in der die Kinder nicht hungrig zu Bett gehen“.

Nach Polats Rede hoben Tausende von Menschen ihre Zeitungen in die Luft und riefen: „Die Zensoren werden gehen, wir werden bleiben“.

„Sie können diese Stimme nicht zum Schweigen bringen, egal was sie tun“

Die Botschaften des ehemaligen HDP-Ko-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş, der TTB-Vorsitzenden (Türkische Ärztekammer) und Evrensel-Kolumnistin Şebnem Korur Fincancı sowie der Gezi-Gefangenen Mücella Yapıcı, Çiğdem Mater, Mine Özerden, Can Atalay, Tayfun Kahraman und Hakan Altınay wurden ebenfalls auf dem Festival verlesen.

In der Grußbotschaft der Plattform Istanbuler Gewerkschaften hieß es: „Im Namen der Klassensolidarität bringen wir erneut zum Ausdruck, dass wir Evrensel unter allen Umständen zur Seite stehen.“

Der Widerstand der Frauen für die Istanbuler Konvention, der Kampf der Boğaziçi-Studenten und Akademiker sowie die Opfer des Massakers vom 10. Oktober in Ankara wurden auf dem Festival nicht vergessen.

Die Iraner im Widerstand: Die Pressefreiheit und das Recht auf Information sind für alle Völker wichtig!

Eine Videobotschaft, die von den Teilnehmern am Widerstand im Iran in Solidarität mit der Zeitung gesendet wurde, wurde ebenfalls auf dem Festival ausgestrahlt: „Das iranische Regime tut alles, um den Widerstand zu unterdrücken. Von der Erschießung von Menschen auf der Straße, bis hin zu Angriffen auf Grundschulen. Natürlich sind die Medien eingeschränkt. Wir versuchen die Stimme unseres Volkes innerhalb und außerhalb des Landes zu sein. Die internationale Solidarität gegen das Unterdrückungsregime ist von großer Bedeutung. Die Pressefreiheit und das Recht, Nachrichten zu erhalten, sind für alle Völker wichtig. Gut, dass es euch gibt, Evrensel.“

An der Veranstaltung nahmen teil: der Schauspieler Kadir İnanır, der Vorsitzende der Partei der Arbeit (EMEP), Ercüment Akdeniz, die Ko-Vorsitzende der HDP, Pervin Buldan, der CHP-Abgeordnete Sezgin Tanrıkulu, der Bürgermeister der Stadtgemeinde Avcılar, Turan Hançerli, der Vorsitzende der Leder- und Textilgewerkschaft Deriteks, Makum Alagöz, der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft TGS, Gökhan Durmuş, der Vorsitzende der Autorengewerkschaft TYS, Adnan Özyalçıner und die sich im Arbeitskampf befindenden Mitarbeiter der Firmen Yasin Çakır, Puler und ETF.

Hafen-, Metall-, Textil- und Transportarbeiter, Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, die Mitglieder des Gewerkschaftsdachverbands KESK sind, Führungskräfte von Provinz- und Bezirksorganisationen der EMEP, der CHP, der HDP und der TİP, Führungskräfte von alevitischen Organisationen und alevitischen Gemeinden, Samstagsmütter, Friedensmütter, Mitglieder der Volkssolidarität von Şahintepe, die sich gegen die städtische Umgestaltung in Şahintepe wehren, lokale Vereine, Massenorganisationen und Gewerkschaftsvertreter waren ebenfalls anwesend.

Außerdem gab es Ausstellungen von Gemälden des iranischen Malers Termeh Yaghoubi, eine Auswahl von Evrensels Schlagzeilen aus 27 Jahren und Karikaturen von Sefer Selvi.

Auch zahlreiche Musik- und Tanzgruppen traten auf dem Solidaritätsfestival auf und brachten Farbe in die Veranstaltung, um zu zeigen, dass sie zu Evrensel stehen.

Linker Journalismus unerwünscht

Türkei: Presseagentur will mit Werbeverbot gegen Tageszeitung Evrensel finanziellen Ruin des Blattes herbeiführen

Von Emre Åžahin

Dass Staaten und Regierungen gegen unliebsame linke Zeitungen vorgehen, ist – siehe die Beobachtung der jW durch den Inlandsgeheimdienst mit dem irreführenden Namen – kein rein deutsches Phänomen. Auch in der Türkei haben die Verfolgung von kritischen Journalistinnen und Journalisten sowie die Schließung oppositioneller Blätter und Sender eine lange Tradition. Neuestes beziehungsweise wiederholtes Ziel der Regierung in Ankara: die linke Tageszeitung Evrensel.

Montag vergangener Woche wurde ihr von der staatlichen Presseanzeigenagentur BIK das Recht genommen, offizielle Anzeigen zu veröffentlichen. Begründet wurde der Schritt mit absurden Vorwürfen. So versuche Evrensel, die eigenen Verkaufszahlen künstlich aufzublähen. Bei »Kontrollen«, die bei Zeitungshändlern durchgeführt wurden, sei unter anderem festgestellt worden, dass Leserinnen und Leser mehr als eine Ausgabe gekauft hätten, die Buchführung nicht korrekt durchgeführt worden sei und die Zeitung von verschiedenen Organisationen abonniert werde. Für Chefredakteur Fatih Polat ein Skandal, der in seiner Kolumne treffend darauf hinwies, dass die BIK, statt aus dem mit Steuergeldern finanzierten Budget Anzeigen zu verteilen, im Stile eines Nachrichtendienstes Mitarbeiter durch das Land schickt.

So wird der Evrensel zur Last gelegt, von Gewerkschaften und Parteien abonniert zu werden. Auch der Vorwurf der nicht korrekt geführten Buchhaltung scheint fadenscheinig, kämpft die Zeitung doch seit ihrer Gründung 1995 – auch wegen ihrer solidarischen Kurdistan-Berichterstattung – immer wieder mit Bußgeldern und Verbotsverfahren. 1996 wurde gar ihr Reporter Metin Göktepe von Polizisten umgebracht. Nicht zuletzt ist die Zeitung gerade wegen ihrer Professionalität als Anlaufstelle für Nachwuchsjournalisten bekannt, die anschließend regelmäßig von größeren Medienhäusern rekrutiert werden.

Der aktuelle Konflikt um das Werbeverbot besteht seit September 2019 und ging einher mit der zunehmenden Einflussnahme der Regierungspartei AKP auf die BIK. Nachdem die Agentur bereits 2018 direkt dem Informationsministerium unterstellt worden war, wurde der Vorstand 2019 durchweg mit regierungsnahen Funktionären besetzt. Welche Konsequenzen das hat, stellte die Föderation der Demokratischen Arbeitervereine (DIDF) in einer Mitteilung vom 24. August heraus: Während 2020 78 Prozent der staatlichen Werbeanzeigen an die regierungsnahe Presse vergeben wurde, trafen 98 Prozent der Verbote oppositionelle Blätter. Angesichts der Wirtschaftskrise und der anstehenden Wahlen, bei denen die AKP unter Druck steht, soll offensichtlich eine Zeitung der Arbeiterklasse noch vor der Abstimmung finanziell erdrosselt werden.

Dieser Meinung ist auch Yücel Özdemir, Europa-Korrespondent der Evrensel. Er sieht neben dem Mundtotmachen der Presse vor den Wahlen auch die Blattlinie als Grund: »Seit 27 Jahren machen wir linken, sozialistischen Journalismus und haben es selbst nach 2019 geschafft, als unabhängige Zeitung auf eigenen Beinen zu stehen.« Die Zeitung erfahre große Solidarität, so Özdemir gegenüber jW. Binnen einer Woche seien die Abozahlen um 300 Bestellungen gestiegen.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/433646.pressefreiheit-in-der-türkei-linker-journalismus-unerwünscht.html

Solidarität mit Evrensel! Oppositionelle Presse lässt sich nicht verbieten!

Seit September 2019 wird in der Türkei Tageszeitung Evrensel das Recht auf staatliche Werbeschaltungen seitens der Anstalt für amtliche Bekanntmachungen (Türkisch: Basın İlan Kurumu – BIK) rechtswidrig verwehrt. Am 22. August 2022 hat die BIK beschlossen, ihr Werbeverbot gegen die Evrensel zu verstetigen. Der fadenscheinige Vorwurf der BIK ist dabei, dass Evrensel versuche, seine Verkaufszahlen künstlich aufzublähen.

So habe die BIK den Einzelhandel überprüft und festgestellt, dass ihre Leser an Zeitungsständen mehr als eine Zeitung kauften, dass Organisationen unter ihren Abonnenten seien sowie dass die Buchführung über Verkäufe und Rückgaben nicht korrekt abgelaufen sei.

Das perfide an diesem Vorwurf: Die Zeitung startete eine Solidaritätskampagne als Reaktion auf das Werbeverbot von 2019 und rief ihre Leser dazu auf, neben der eigenen eine weitere Zeitung zu kaufen und diese Freunden und Bekannten zu geben sowie Abonnements abzuschließen, um die Evrensel gegen den Wegfall der Einnahmen aus den staatlichen Werbeanzeigen zu unterstützen. Dass die BIK dies der Evrensel nun vorhält, zeigt unmissverständlich ihren Willen, die Evrensel finanziell zu ruinieren.

Die türkische Regierung versucht seit langem, kritische Stimmen auszumerzen. So schreckt sie auch nicht vor vollständigen Druckverboten, hohen Geldstrafen oder gar Verhaftungen zurück. Als eine Zeitung, die sowohl über die betrieblichen Kämpfe der Arbeiterklasse in der Türkei und weltweit als auch über Umweltzerstörung, über die politischen Interessen hinter Kriegen und Sanktionen und den Befreiungskampf der Frau berichtet, ist sie selbstverständlich den Herrschenden in der Türkei ein Dorn im Auge. So reiht sich das Werbeverbot durch die BIK in eine lange Reihe von Angriffen auf die Evrensel ein.

Offiziell ist die BIK damit beauftragt, lokale und unabhängige Presse durch gerechte Verteilung von staatlichen Werbeanzeigen zu stärken. Jedoch agiert sie tatsächlich eher als eine Art Richter über die Presse. Ihre Entscheidungen sind geprägt stark geprägt von einer „Freund oder Feind“-Mentalität: Während im Jahr 2020 78 % der staatlichen Werbeanzeigen an regierungsnahe Presse vergeben wurde, trafen 98 % der Werbeverbote oppositionelle Blätter. Gerade in der aktuellen Zeit sind diese Anzeigen eine wichtige Einnahmequelle für die Presse, um sich weiterhin gegen die steigenden Kosten stemmen zu können. Dass die türkische Regierung dieses Mittel nutzt, um einzig und allein sie stützende Stimmen zu finanzieren, ist ein Angriff auf die Pressefreiheit.

Dieser Auffassung ist sogar das türkische Verfassungsgericht, welches der BIK vorwarf, sich in ein Bestrafungsinstrument verwandelt und eine einschüchternde Wirkung auf die Presse zu haben. Doch auch das höchste Gericht der Türkei hält die Herrschenden in der Türkei nicht auf, freie Presse anzugreifen!

Das Einzige, was sie aufhalten kann, ist internationale Solidarität!

Wir rufen alle dazu auf: Schließt ein Online-Solidaritätsabonnement der Evrensel ab! Richtet euren Protest gegen die BIK!

@basinilankurumu

https://bik.gov.tr/iletisim/bize-yazin/

Yücel Özdemir

EVRENSEL – Deutschland Korrespondent

(Mehr Info: 0171-532 98 29)

Unterdrückte Pressefreiheit in Zahlen

Dutzende Medien unter dem Einfluss der Regierung, viele Hundert kritische Artikel zensiert, Tausende unliebsame Journalistinnen und Journalisten entlassen: Die massive Unterdrückung der Pressefreiheit in der Türkei dauert unvermindert an – und sie lässt sich in konkrete Zahlen fassen. Aus Anlass des neuen Prozesses gegen ihren Türkei-Repräsentanten Erol Önderoglu veröffentlicht Reporter ohne Grenzen (RSF) Zahlen, die das Ausmaß der Repression deutlich machen.

Önderoglu und seinen beiden Mitangeklagten, der Ärztin und Menschenrechtsaktivistin Sebnem Korur Financi sowie dem Autor und Journalisten Ahmet Nesin, drohen in dem am Mittwoch (3.2.) beginnenden Prozess bis zu vierzehneinhalb Jahre Haft. Weil sie 2016 jeweils für einen Tag symbolisch die Chefredaktion der inzwischen verbotenen kurdisch-türkischen Zeitung Özgür Gündem übernommen hatten, wird ihnen unter anderem „Propaganda für eine terroristische Organisation“ vorgeworfen. In erster Instanz waren sie 2019 freigesprochen worden, doch am 3. November 2020 ordnete ein Berufungsgericht eine Neuauflage des Prozesses an.

Die folgenden Zahlen hat RSF mit Unterstützung ihrer türkischen Partnerorganisation Bianet zusammengestellt.

90 Prozent
der Medien in der Türkei werden von regierungsnahen Geschäftsleuten kontrolliert.

1358
Online-Artikel oder Links zu Artikeln wurden im Jahr 2020 auf Beschluss von Gerichten und auf Antrag von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, seines Sohnes Bilal Erdogan, seines Schwiegersohnes Berat Albayrak oder regierungsnaher Geschäftsleute, Politikerinnen und Politiker gelöscht.

3436
Journalistinnen und Journalisten wurden in den vergangenen viereinhalb Jahren von türkischen Medien entlassen. Allein 2020 waren es 215.

276
Tage lang wurde kritischen Zeitungen 2020 Werbung staatlicher Institutionen verweigert und damit eine überlebenswichtige Einnahmequelle entzogen.

Mehr als 200
Medienschaffende saßen in der Türkei im Laufe der vergangenen viereinhalb Jahre für kürzere oder längere Zeit wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, derzeit sind es 13. Damit ist die Türkei eines der Länder, in denen weltweit die meisten Journalistinnen und Journalisten inhaftiert sind.

48
Journalistinnen und Journalisten verbrachten im Jahr 2020 jeweils mindestens einen Tag in Polizeigewahrsam. Sie wurden festgenommen, weil sie über Themen wie die Situation syrischer Geflüchteter, die Maßnahmen der Regierung gegen die Covid-19-Pandemie oder die Kurdenfrage berichtet hatten.

27,5 Jahre
Haft verhängte ein Gericht in Istanbul am 23. Dezember 2020 gegen Can Dündar, den ehemaligen Chefredakteur der Tageszeitung Cumhuriyet. Dies ist eine der längsten Gefängnisstrafen, die in der Türkei jemals gegen eine Journalistin oder einen Journalisten angeordnet wurden. Dündar muss die Haft nur deshalb nicht antreten, weil er in Deutschland im Exil lebt, seit er 2016 in Istanbul einen Mordversuch überlebte. Die türkische Justiz verfolgt Dündar, seit seine Zeitung 2015 über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Gruppen in Syrien berichtete. Präsident Erdogan hatte nach diesem Bericht erklärt: „Wer diesen Artikel zu verantworten hat, wird dafür teuer bezahlen. Ich werde ihn nicht davonkommen lassen.“

71
Jahre alt ist der älteste derzeit inhaftierte Journalist der Türkei, Ahmet Altan. Obwohl das türkische Verfassungsgericht die 2018 verhängten Strafen für ihn, seinen Bruder Mehmet Altan und den Journalisten Nazli Ilicak im Juli 2019 aufhob, wird er immer noch im Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul festgehalten. Den dreien wurde vorgeworfen, sie hätten mit dem Putschversuch von 2016 sympathisiert und bei einem Fernsehauftritt „unterschwellige Botschaften“ an die Putschenden übermittelt.

63 
Journalistinnen und Journalisten wurden gemäß Paragraf 299 des türkischen Strafrechts wegen „Beleidigung des Staatspräsidenten“ verurteilt, seit Recep Tayyip Erdogan dieses Amt im August 2014 übernahm. Oft werden Medienschaffende auch nach dem Anti-Terror-Gesetz verurteilt, in der Regel wegen Unterstützung einer verbotenen Organisation oder Mitgliedschaft darin. Wirtschaftsjournalistinnen und -journalisten werden auch mit Hilfe des Banken- und des Kapitalmarktgesetzes verfolgt.

128.000 Euro 
beträgt die Summe der Entschädigungen an acht Journalisten der Zeitung Cumhuriyet, zu der der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei am 10. November 2020 verurteilt hat. Das Gericht urteilte, dass der türkische Staat sie 2016 fast ein Jahr lang willkürlich inhaftiert hatte. In den vergangenen viereinhalb Jahren hat das Gericht die Türkei zu insgesamt 234.760 Euro Entschädigung an Journalistinnen und Journalisten verurteilt.

139
tätliche Angriffe auf türkische Journalistinnen und Journalisten gab es seit 2016 mindestens. Allein im Jahr 2020 wurden 18 Medienschaffende angegriffen.

160
Medien mussten seit dem Putschversuch von 2016 schließen. Der damals verhängte Ausnahmezustand wurde zum Vorgehen nicht nur gegen jene Medien genutzt, denen Sympathien für den Prediger Fethullah Gülen nachgesagt wurden, dem die türkische Regierung den Putschversuch anlastet. Die Maßnahmen richteten sich ebenso gegen als pro-kurdisch geltende Medien wie den Fernsehsender IMC TV und linksgerichtete Medien wie Hayatin Sesi TV. Beide Sender kämpfen seit mehr als vier Jahren juristisch darum, ihren Betrieb wieder aufnehmen zu dürfen.

154.
Platz von 180 Ländern: So schlecht schneidet die Türkei in der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit ab.

Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/unterdrueckte-pressefreiheit-in-zahlen

Die Moral der Anstalt für Presseanzeigen

Fatih Polat

Die Zeitung Evrensel bekommt seit 500 Tagen keine Anzeigen von staatlichen Behörden. Der Grund dafür ist die Entscheidung der Anstalt für Presseanzeigen (BIK) vom 18. September 2019 gegen Evrensel, wonach sie ihren Anspruch auf Veröffentlichung von Anzeigen staatlicher Behörden verlor. Anschließend verhängte die staatliche Behörde Anzeigenstopps für 25 Tage im Jahr 2019, 65 Tage im Jahr 2020 und 3 Tage in diesem Jahr. Diese Entscheidungen begründete sie mit Verstößen gegen die „moralischen Pressegrundsätze“.

Was ist eigentlich die BIK?

Die BIK wurde nach dem Ende der Zensurära gegründet, die in der Regierungszeit von der Demokratischen Partei (DP) unter Menderes geherrscht hatte. Die Anstalt sollte ursprünglich dazu dienen, die Presse finanziell zu unterstützen. Im Artikel 32 des Gesetzes mit der Nummer über die Gründung der Anstalt für Presseanzeigen, das im Jahre 1961 verabschiedet wurde, heißt es dazu: „Entsprechend den Kriterien, die von der Generalversammlung der Anstalt für Presseanzeigen zu bestimmen sind, werden Anzeigen und Bekanntmachungen staatlicher Stellen in sämtlichen, im Artikel 34 genannten Periodika geschaltet. Dabei wird nicht unterschieden, welche Ausrichtung und Weltanschauung die jeweiligen Periodika haben.“

In der gesamten Regierungszeit der AKP wurde ständig gegen diese Vorschrift verstoßen. Mit einem Erlass des Staatspräsidenten Erdoğan, der im Anzeigenblatt vom 6.  August 2018 veröffentlicht wurde, erhielt die dem Präsidialamt unterstellte Direktion für Kommunikationsfragen zusätzlich zu ihren bestehenden Befugnissen auch die Kontrolle über die Anstalt der Presseanzeigen. Seitdem ist die BIK eine staatliche Behörde, die in völliger Abhängigkeit von der Regierung steht.

Die Entscheidungen selbst, die die BIK nach dieser Umstrukturierung traf, liefern dafür den Nachweis. So wurde beispielsweise aufgrund eines Artikels, der am 16. April 2020 in „Evrensel“ veröffentlicht wurde, ein 5-tägiger Anzeigenstopp gegen die Zeitung verhängt. In einer Erklärung hatte zuvor der stellvertretende CHP-Fraktionsvorsitzende Özgür Özel die Ausweisung eines Grundstücks als Bauland kritisiert, das in unmittelbarer Nachbarschaft zur Wohnung des Leiters der Direktion für Kommunikationsfragen in Kuzguncuk, Fahrettin Altun lag. Im besagten Evrensel-Bericht wurde auf diese Presseerklärung Bezug genommen.

Wegen eines weiteren Artikels, der sich mit demselben Thema befasst hatte, wurde gegen Evrensel Anfang dieses Jahres erneut ein 3-tägiger Anzeigenstopp verhängt. Diesmal ging es um einen Gerichtstermin, bei dem Cumhuriyet-Korrespondenten wegen ihrer Berichterstattung über die Privatwohnung Altuns angehört wurden.

Beide Strafen wurden mit Verstößen gegen den Pressekodex der BIK begründet. Die Evrensel habe hier moralische Grundsätze der Pressearbeit verletzt. Als Antwort auf diesen Vorwurf kann man auf die Erklärung über die Rechte und Pflichten des Türkischen Journalistenverbandes verweisen. Im Kapitel „Verantwortung von Journalisten“ heißt es dort: „Der Journalist setzt aufrichtig die Pressefreiheit ein, um das Recht der Bevölkerung auf Informationsfreiheit durchzusetzen. Zu diesem Zweck kämpft er gegen Zensur und Selbstzensur jeder Art. Der Journalist ist vor allem gegenüber der Bevölkerung und gegenüber der Wahrheit verantwortlich. Diese Verantwortung steht über seiner Verantwortung gegenüber der öffentlichen Autorität und seinem Arbeitgeber.“

Das ist der gemeinsame Nenner, den sich in allen Erklärungen über die ethischen und universellen Grundsätze des Journalismus wiederfindet. Das ist unser Maßstab. Wenn sich ein Regierungsapparat wie ein Ethikrat aufführt, dann wird er zu einer außergerichtlichen Instanz, die über Journalisten richtet und sie sanktioniert, wozu sich nicht einmal die Rechtsprechung berufen fühlt. Das ist es, was wir heute erleben.

Journalisten Verbände: Wir stehen zu Evrensel

Nationale und internationale Medienorganisationen betonten, dass es keine vernünftige Erklärung für die Strafe gibt und fordern Solidarität mit der „Evrensel“.

Die Türkei-Repräsentantin des International Press Institute (IPI), Renan Akyavas, sagt, dass die Presse-Anzeigen-Agentur BIK ursprünglich gegründet wurde, um Zeitungen und die Pluralität und Vielfalt der Medien zu unterstützen. Sie weist darauf hin, dass es keine vernünftige Erklärung für die aufeinanderfolgenden Strafen gibt, die die BIK gegen Evrensel verhängt hat: „Die Anzeigenstopps sind nun ein klares Indiz dafür, dass die Zeitung absichtlich und vorsätzlich in einen wirtschaftlichen Kollaps getrieben wird.“ AkyavaÅŸ und IPI fordern eine transparente Offenlegung der BIK-Berichte, die bisher verwehrt wurde. „An dieser Stelle sollte mit Bedauern festgestellt werden, dass BIK eine vollständig politisierte Institution ist und bewusst handelt, um bestimmte und kritische Zeitungen zur Schließung zu zwingen. Als IPI stehen wir jedoch an der Seite von Evrensel und werden diesen schwerwiegenden Verstoß gegen die Pressefreiheit weiterhin in der internationalen Öffentlichkeit bekannt machen.“

„INTOLERANZ GEGENÃœBER KRITIK“

Erol ÖnderoÄŸlu, Reporter ohne Grenzen (RSF) und Berichterstatter für Medienfreiheit bei Bianet, erklärte: „Die Behörden, von denen erwartet wird, dass sie die Medien unabhängig und konstruktiv organisieren, eliminieren kritische Journalisten und Sender. Wir können sehen, dass sie koordiniert und in großer Harmonie arbeiten, um ihnen offizielle Anzeigen, Presseausweise und unabhängige Sendemöglichkeiten zu entziehen. Prozesse gegen Journalisten werden als gezielte Angriffe auf terroristische Organisationen dargestellt, Verletzung von Persönlichkeitsrechten von Journalisten stehen auf der Tagesordnung und die Einführung einer ‚Zugangssperre‘ für Nachrichten im Internet zeigen, welche Art von Mobilisierung in der Intoleranz gegenüber Kritik entwickelt wurde.“

„DER PRÄSIDENT DER KOMMUNIKATIONSBEHÖRDE GLAUBT NICHT AN DIE PRESSE- UND MEINUNGSFREIHEIT“

Der Vorsitzende der Türkischen Journalistengewerkschaft (TGS), Gökhan DurmuÅŸ, sagte: „Wir erleben in der Türkei Tage, an denen wir nicht wissen, worüber wir uns wundern sollen. Die BIK, die Evrensel über eineinhalb Jahre lang unrechtmäßig eine einzige offizielle Anzeige vorenthalten hatte, hat nun eine neue Strafe für die Veröffentlichung von Anzeigen verhängt. Das ist eine Strafe, die wir einfach nicht glauben können, das muss ein Scherz sein“, sagte er. DurmuÅŸ erklärte „Stellen Sie sich ein Land vor, in dem der Leiter der Kommunikationsabteilung nicht an die Presse- und Meinungsfreiheit glaubt. Nun stellen Sie sich einen Kommunikationschef vor, der seine Anwälte, Gerichte, RTÃœK und die BIK gegen jede negative Nachricht über ihn aufruft und Strafen auf Journalisten und Medienorganisationen regnen lässt. Es gibt weder in den Bestimmungen noch im Gesetz eine Erklärung für die Strafe des Anzeigenstopps. Aber natürlich werden sie es nicht schaffen, Evrensel, die Zeitung, die aus Sicht der Arbeiterklasse berichtet, mit diesen Strafen zum Schweigen zu bringen.“

„WIR WERDEN WEITER KÄMPFEN“

Faruk Eren, Präsident der DÄ°SK-Journalistengewerkschaft, erinnerte daran, dass Journalisten bereits unter großem Druck leben und sagte: „Jetzt hat dieser Druck begonnen, in Willkür umzuschlagen. In der Vergangenheit wurde Druck auf die Nachrichten ausgeübt, die die Regierung gestört haben. Journalisten, Zeitungen und Nachrichten wurden unter Druck gesetzt, um zu verhindern, dass diese Nachrichten die Öffentlichkeit erreichen, aber das ist jetzt eine neue Stufe. Mit großer Willkür wird die Presse bestraft. Wir kennen diese Situation. Die Journalisten leben seit langem mit diesem Druck, aber wir werden uns nie daran gewöhnen. Wir werden weiter dagegen ankämpfen.“

Evrensel wird sich nicht beugen!

Fatih Polat (Chefredakteure)

Im vergangenen Jahr hat die Anstalt für Presseanzeigen einen „Anzeigen-Stopp“ gegen die Tageszeitung Evrensel verhängt. Und dieses Jahr – das übrigens unser 25-jähriges Jubiläum ist – beginnt mit der gegen uns verhängten Strafe wegen eines Videos, das bei TELE1 veröffentlicht wurde.

Wie wir uns erinnern, hat die  Regierungsbehörde für Rundfunk (RTÃœK) beschlossen, eine hohe Geldstrafe gegen TELE1 zu verhängen. Die Begründung: „Lob und Förderung von Terrorismus“, terroristische Organisationen würden als stark oder ihr Handeln als gerechtfertigt dargestellt.

Der Vorwurf gegen uns wurde vom Amt für Verbraucherschutz und Marktüberwachung des Handelsministeriums vor Gericht gebracht. Hierbei geht es um eine Werbeanzeige unserer Zeitung. Das betreffende Video dauert insgesamt 45 Sekunden. Das Bild, mit dem die Strafe begründet wird, ist keine 2 Sekunden lang. Die Strafe, die uns das Gericht auferlegt hat, beträgt 20.953 Türkische Lira (TL).

Das Gericht erklärte am 8. Dezember 2030 unsere Werbeanzeige als Straftat und „Verstoß gegen Artikel 61 des Gesetzes Nr. 6502.“

Es wurde erklärt: „Am 08.07.2020 wurde eine Werbung Ihrer Firma auf dem Fernsehkanal TELE1 gezeigt. Dort heisst es, Ihre Zeitung sei die Stimme von Millionen, die wegen steigenden Kosten hungern müssen und ein Leben in Menschenwürde führen wollen! In dem Video wird eine Bildsequenz von einem Mädchen mit einem Stück Stoff gezeigt, das Symbole einer terroristischen Organisation darstellt. Laut Verordnung zu kommerzieller Werbung und unlautere Geschäftspraktiken, Artikel 5 / c, „darf [Werbung] keine Elemente enthalten, die die öffentliche Ordnung stören, gewalttätige Handlungen und illegale oder verurteilte Verhaltensweisen verursachen, diese Verhaltensweisen dulden, fördern oder unterstützen.“

Das genannte Bild ist eine Fotografie eines Mädchens auf einer Newroz-Feier im Jahr 2015. Darauf hält das Mädchen einen Schal in den kurdischen Farben gelb, rot und grün. Wie bereits erwähnt, das gesamte Video dauert 45 Sekunden, das besagte Bild ist für wenige Sekunden zu sehen.

Dieses 2-Sekunden-Foto wird benutzt, um den für die Regierung unbequemen und deshalb systematisch zum Ziel erklärten Sender TELE1 stummzuschalten und die finanzielle Belagerung unserer Zeitung Evrensel auszudehnen.

Das kriminelle Argument, das die Regierung diesmal durch die zuständige Abteilung des Handelsministeriums vorbringt, ist zum einen tragisch und zum anderen lächerlich.

Sagen wir es noch einmal. Auf dem rot-gelb-grünen Schal des Mädchens auf dem Foto ist kein Symbol irgendeiner Organisation abgebildet. Die Anklage und das Gericht konnten kein einziges Beweisstück diesbezüglich vorlegen. Ich sage: „Wenn Sie die Farben des kurdischen Volkes als „spalterisch“ empfinden, ist das Ihr Wahrnehmungsproblem!“

Diese problematische Wahrnehmung ist zu einem tragikomischen Witz in der jüngeren Geschichte der Türkei geworden. Die weltweit erste elektrische Ampel wurde am 5. August 1914 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio aufgestellt. Im Gegensatz zu heute bestand das damalige Lampensystem aus Rot und Grün.

Während sich Ampeln im Laufe der Zeit in drei Farben verwendet wurden, in den großen Städten der Welt rasch verbreiteten, wurden in den 1920er Jahren Ampeln in New York, Paris und Berlin installiert. Die erste Ampel in der Türkei wurde 1929 in Istanbul aufgestellt.

In den von Konflikten um die „Kurdenfrage“ geprägten 1990er Jahren wurden in Batman die Verkehrsampeln als „spalterische Farben“ betrachtet und die dreifarbigen Ampeln eine Zeit lang außer Betrieb gesetzt. In dieser Zeit wurden nur rot-grüne Ampeln verwendet. 30 Jahre später wird die gleiche „Logik“ angewendet.

Sind die Newroz-Kundgebungen in diesem Land nicht legal? Gibt es ein Verbot von Schals, die bei diesen Kundgebungen verwendet werden? Wenn es ein Gesetz gibt, dass diese Schals eine Organisation darstellen, wissen wir es nicht, klären Sie uns doch bitte auf – welches Gesetz ist das?

Natürlich wird sich Evrensel dieser lächerlich begründeten Strafe nicht beugen. Wir werden Klage einreichen und alle Rechtsmittel einsetzen.

Und wir werden unsere Berichterstattung auf der Grundlage der Brüderlichkeit der Völker und des Rechts auf Information ohne Kompromisse fortsetzen. Das ist ein Problem für Sie!

04.01.2021

Pressefreiheit kennt keine Grenzen!

Aufruf zur praktischen Solidarität mit der türkischen Tageszeitung „Evrensel“

Eine lebendige Demokratie braucht freie und unabhängige Medien wie die Luft zum Atmen. Wie kritisch die gegenwärtigen Verhältnisse in der Türkei sind, lässt sich daher nicht zuletzt daran ablesen, wie die Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan mit kritischen journalistischen Stimmen umgeht.

Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 ließ sie mehr als 170 Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radiosender, Nachrichtenagenturen sowie Verlage schließen, weil sie angeblich die „nationale Sicherheit“ gefährdeten. Es wurden weit über 100 Journalistinnen und Journalisten verhaftet und mehr als 700 Presseausweise annulliert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ belegt die Türkei mittlerweile Platz 157 von 180.

Für diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht ihre Freiheit oder ihren Arbeitsplatz verloren haben, haben sich die Arbeitsbedingungen dramatisch verschlechtert. Inzwischen gibt es in der Türkei nur noch ganz wenige Medien, die nicht als gleichgeschaltet bezeichnet werden können. Eine davon ist die Tageszeitung „Evrensel“.

Aber auch sie ist akut in ihrer Existenz bedroht. Regelmäßig werden einzelne Ausgaben der linken und gewerkschaftsnahen Zeitung konfisziert. Durch teure Gerichtsverfahren wird versucht, die ökonomische Existenz von „Evrensel“ zu zerstören. Immer wieder wird sie wegen vermeintlich unbotmäßiger Artikel zu hohen Strafzahlungen verurteilt. Redaktionsmitglieder sehen sich willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Eine solche Zermürbungstaktik durchzuhalten, ist kein leichtes Unterfangen und kostet viel Kraft. Desto wichtiger ist jetzt unsere Solidarität und Unterstützung.

Bis zum Juli 2016 befand sich die Istanbuler Zentralredaktion von „Evrensel“ in gemeinsamen Räumlichkeiten mit dem regierungskritischen Fernsehsender Hayatın Sesi TV. Zudem gab es noch die monatliche Kulturzeitschrift „Evrensel Kültür“. Doch sie gehören beide zu jenen Medien, die ohne nachvollziehbaren Grund unmittelbar nach dem Putschversuch per Notstandsdekret geschlossen wurden. Ihr Vermögen wurde beschlagnahmt. So ist nur noch „Evrensel“ übriggeblieben. Die Frage ist allerdings: Wie lange noch?

Die 1995 gegründete Tageszeitung kämpft um ihr Überleben. Es gibt verschiedene Wege, unbequemen Journalismus mundtot zu machen. Ebenso wirkungsvoll wie staatliche Verbote kann auch eine ökonomische Drangsalierung sein. Darauf setzt offenkundig das autokratische Regime Erdoğans im Fall von „Evrensel“. Tatsächlich wird die finanzielle Situation der Zeitung aufgrund der verhängten Strafzahlungen, eines Anzeigenboykotts öffentlicher Stellen und der drastisch gestiegenen Papierpreise zunehmend prekärer. Doch noch streitet die Redaktion unverdrossen für demokratische Verhältnisse in der Türkei.

Helfen wir mit, dass ihr der Atem nicht ausgeht! Wir dürfen unsere Kolleginnen und Kollegen in der Türkei nicht allein lassen. Der Kampf für Presse- und Meinungsfreiheit ist international. Deswegen rufen wir hiermit zu einer finanziellen Unterstützung von „Evrensel“ auf. Sorgen wir mit dafür, dass diese kleine wichtige Zeitung dem ungeheuren ökonomischen und politischen Druck weiter standhalten kann.

Erstunterzeichnerinnen und -Zeichner

Frank Ãœberall (DJV – Bundesvorsitzender)

Peter Freitag (stell. Bundesvorsitzender der dju in ver.di)

Christian Mihr (Geschäftsführer Reporter ohne Grenzen)

Michael Rediske (Vorstandssprecher Reporter Ohne Grenzen)

Joachim Abel (Chefredakteur Filstalexpress)

Doris Akrap (taz-Redakteurin)

André Anchuelo (Redakteur Jungle World)

Sebastian Bähr (Redakteur Neues Deutschland)

Rolf Becker (Schauspieler)

Daniel Behruzi (freier Journalist)

Pascal Beucker (taz-Redakteur)

Markus Bickel (Chefredakteur Amnesty Journal)

Daniela Dahn (Autorin, Mitherausgeberin von Ossietzky)

Serdar Derventli (Verantwortlicher Redakteur NeuesLeben/Yeni Hayat )

René Heilig (Redakteur Neues Deutschland)

Ulrike Herrmann (taz-Redakteurin)

Stefan Hut (Chefredakteur Junge Welt)

Sabine Kebir (freie Publizistin)

Elisabeth Kimmerle (Redakteurin tazgazete)

Andreas Köhn (ver.di Landesfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie Berlin-Brandenburg)

Anja Krüger (taz-Redakteurin)

Alina Leimbach (Redakteurin Neues Deutschland)

Georg Löwisch (taz-Chefredakteur)

Martina Mescher (Redakteurin Der Freitag)

Robert D. Meyer (Redakteur Neues Deutschland)

Jonas Miller (Journalist)

Yücel Özdemir (Evrensel Europa Vertreter)

Ahmet Senyurt (freier Journalist)

Nelli Tügel (Redakteurin Neues Deutschland)

Felix Werdermann (freier Journalist)

Susann Witt-Stahl (Chefredakteurin Melodie & Rhythmus)

Winfried Wolf (Chefredakteur Lunapark21)

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Pressefreiheit kennt keine Grenzen!

Aufruf zur praktischen Solidarität mit der türkischen Tageszeitung „Evrensel“

Eine lebendige Demokratie braucht freie und unabhängige Medien wie die Luft zum Atmen. Wie kritisch die gegenwärtigen Verhältnisse in der Türkei sind, lässt sich daher nicht zuletzt daran ablesen, wie die Regierung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan mit kritischen journalistischen Stimmen umgeht.

Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 ließ sie mehr als 170 Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radiosender, Nachrichtenagenturen sowie Verlage schließen, weil sie angeblich die „nationale Sicherheit“ gefährdeten. Es wurden weit über 100 Journalistinnen und Journalisten verhaftet und mehr als 700 Presseausweise annulliert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ belegt die Türkei mittlerweile Platz 157 von 180.

Für diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht ihre Freiheit oder ihren Arbeitsplatz verloren haben, haben sich die Arbeitsbedingungen dramatisch verschlechtert. Inzwischen gibt es in der Türkei nur noch ganz wenige Medien, die nicht als gleichgeschaltet bezeichnet werden können. Eine davon ist die Tageszeitung „Evrensel“.

Aber auch sie ist akut in ihrer Existenz bedroht. Regelmäßig werden einzelne Ausgaben der linken und gewerkschaftsnahen Zeitung konfisziert. Durch teure Gerichtsverfahren wird versucht, die ökonomische Existenz von „Evrensel“ zu zerstören. Immer wieder wird sie wegen vermeintlich unbotmäßiger Artikel zu hohen Strafzahlungen verurteilt. Redaktionsmitglieder sehen sich willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Eine solche Zermürbungstaktik durchzuhalten, ist kein leichtes Unterfangen und kostet viel Kraft. Desto wichtiger ist jetzt unsere Solidarität und Unterstützung.

Bis zum Juli 2016 befand sich die Istanbuler Zentralredaktion von „Evrensel“ in gemeinsamen Räumlichkeiten mit dem regierungskritischen Fernsehsender Hayatın Sesi TV. Zudem gab es noch die monatliche Kulturzeitschrift „Evrensel Kültür“. Doch sie gehören beide zu jenen Medien, die ohne nachvollziehbaren Grund unmittelbar nach dem Putschversuch per Notstandsdekret geschlossen wurden. Ihr Vermögen wurde beschlagnahmt. So ist nur noch „Evrensel“ übriggeblieben. Die Frage ist allerdings: Wie lange noch?

Die 1995 gegründete Tageszeitung kämpft um ihr Überleben. Es gibt verschiedene Wege, unbequemen Journalismus mundtot zu machen. Ebenso wirkungsvoll wie staatliche Verbote kann auch eine ökonomische Drangsalierung sein. Darauf setzt offenkundig das autokratische Regime Erdoğans im Fall von „Evrensel“. Tatsächlich wird die finanzielle Situation der Zeitung aufgrund der verhängten Strafzahlungen, eines Anzeigenboykotts öffentlicher Stellen und der drastisch gestiegenen Papierpreise zunehmend prekärer. Doch noch streitet die Redaktion unverdrossen für demokratische Verhältnisse in der Türkei.

Helfen wir mit, dass ihr der Atem nicht ausgeht! Wir dürfen unsere Kolleginnen und Kollegen in der Türkei nicht allein lassen. Der Kampf für Presse- und Meinungsfreiheit ist international. Deswegen rufen wir hiermit zu einer finanziellen Unterstützung von „Evrensel“ auf. Sorgen wir mit dafür, dass diese kleine wichtige Zeitung dem ungeheuren ökonomischen und politischen Druck weiter standhalten kann.

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118 Herr Stephan S. Jan 05, 2019
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116 Herr Lawrence Z. Jan 04, 2019
115 Frau Elisabeth H. Jan 01, 2019
114 Frau Carmen M. Dez 30, 2018
113 Frau Handan Ã. Dez 29, 2018
112 Herr Jan S. Dez 27, 2018
111 Herr Dietmar K. Dez 27, 2018
110 Frau Sevinc S. Dez 26, 2018
109 Frau Torsten B. Dez 26, 2018
108 Frau Beate K. Dez 26, 2018
107 Herr Ralf K. Dez 25, 2018
106 Herr Haru S. Dez 25, 2018
105 Frau Bahar G. Dez 25, 2018
104 Frau Ute A. Dez 24, 2018
103 Herr Helmut H. Dez 23, 2018
102 Herr Ulrich W. Dez 23, 2018

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Spenden Konto:

DIDF, Postbank Köln, IBAN:DE59 3701 0050 0319 6835 09, BIC:PBNKDEFF

Stichwort: EVRENSEL (Wenn gewünscht, wird Spendenbescheinigung ausgestellt)

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Kontakt:
Pascal Beucker, eMail: beucker@taz.de , Tel.: 0171 – 4164063,
Yücel Özdemir, eMail: y.ozdemir@yenihayat.de , Tel.: 0171 – 5329826

Friedenspreisträgerin in der Türkei zu Haft verurteilt

Die hessische Friedenspreisträgerin Sebnem Korur Fincanci ist in der Türkei zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Ihr wird „Terrorpropaganda“ vorgeworfen. Ministerpräsident Bouffier zeigte sich betroffen.
Vor wenigen Wochen noch hatte die Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung Åžebnem Korur Fincanci den Hessischen Friedenspreis in Wiesbaden bekommen. Nun wurde die Menschenrechtlerin in der Türkei zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, wie am Freitag bekannt wurde. Der Vorwurf: „Terrorpropaganda“. Die Verurteilung erfolgte bereits am Mittwoch (19.12.2018) in Istanbul.

Fincanci hatte im Jahr 2016 die Friedenspetition „We will not be a party to this crime“ unterschrieben. Sie ist eine von über 1.000 Akademikern, die diese Friedenspetition unterzeichnet haben. Laut Medienberichten muss sie die Haft tatsächlich antreten.
Kartmann: „Ich wünsche ihr viel Kraft“
Der Präsident des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann (CDU), zeigte sich bestürzt über das Urteil. „Åžebnem Korur Fincanci ist eine mutige Frau, ich wünsche ihr viel Kraft bei ihrem unbeirrbaren Einsatz für den Frieden und die Menschenrechte“, so der Landtagspräsident.
Auch der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kritisierte die Entscheidung des Gerichtes. „Ihre Verurteilung macht mich sehr betroffen. Wir brauchen Menschen wie sie, die sich unermüdlich für den Frieden engagieren – und dabei auch ein persönliches Risiko nicht scheuen“, sagte Bouffier.
Fincanci hatte den Friedenspreis für ihren Einsatz für die Aufarbeitung von Folter und Menschenrechtsverletzungen in der Türkei erhalten. Sie ist Mitverfasserin des so genannten „Istanbul Protokolls“, das als internationales Standardwerk der Vereinten Nationen zur Untersuchung und Dokumentation von Folter weltweit anerkannt ist.
Quelle: https://www.hessenschau.de/gesellschaft/friedenspreistraegerin-in-der-tuerkei-zu-haft-verurteilt,verhaftung-fincanci-100.html


(Sebnem Korur Fincanci schreibt jeder Woche Montag Kolumne für Evrensel: https://www.evrensel.net/yazar/71/sebnem-korur-fincanci

The full text of Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı’s statement to the court:
https://www.evrensel.net/daily/368986/the-full-text-of-prof-dr-sebnem-korur-fincancis-statement-to-the-court